Mitte letzten Jahres spielte ich mit dem Gedanken, meine gesamte Analogausrüstung zu verkaufen und mit dem Geld in eine neue Digitalkamera zu investieren. Doch irgendwann wuchs die Lust darauf, wieder mit meiner Mamiya-Mittelformatkamera loszuziehen, einen Film einzulegen und sich wieder mehr Zeit für das Fotografieren zu nehmen. Mittlerweile bin ich froh darüber. Denn vor allem Zeit ist es, was man bei der analogen Fotografie benötigt. Alles muss stimmen – die Belichtungszeit, die Blende aber auch der Bildausschnitt und die Auswahl des Motivs. Denn einmal auf den Auslöser gedrückt, lässt sich nichts mehr ändern. Zwar ist das bei der digitalen Fotografie nicht anders, doch sieht man hier nach wenigen Augenblicken das fertige Foto. Bei der analogen Fotografie sehe ich dies erst nach der Filmentwicklung und habe keine Möglichkeit mehr, nach zu justieren oder spontan eine andere Perspektive zu wählen.
Keine zweite Chance
Die Schärfung des Bewusstseins und des Blicks ist es, auf das es ankommt, um am Ende zufrieden zu sein. Analoge Fotografie ist am Ende immer auch eine Art Wundertüte, da man nicht genau weiß, was nach der Entwicklung herauskommt. Hat die Belichtung gestimmt? Ist das Bild verwackelt? Vor allem bei meiner Art zu Fotografieren – nämlich teils mehrere Minuten zu belichten – gibt es einige Fehlerquellen, die das letztendliche Bild gut oder schlecht werden lassen können. Natürlich schieße ich von einem Motive mehrere Aufnahmen und variiere die Belichtungszeiten, um bestenfalls einen Treffer zu haben – doch bedeutet die gesamte Analogfotografie für mich einen längeren Prozess, ein Beschäftigen mit dem Motiv und der Materie sowie am Ende eine Art der Fotografie, die für mich Entspannung bedeutet. Auf der Suche nach dem Motive, dem Einstellen und dem Auslösen der Kamera sowie das minutenlange Warten auf der Herunterklappen des Spiegels und dem Ende der Aufnahme. Für mich Momente, die zeitlos wirken.
Die Zeit festhalten
Am Ende dieses Prozesse entsteht ein Foto, das Zeit auf das Medium Film bringt und schließlich als haptischer Druck diese Zeit sichtbar macht und auf Papier verewigt. Vor allem zeigt diese Art der Fotografie etwas, das das menschliche Auge im Realen nicht im Stande ist zu sehen. Sie visualisiert einen mitunter minutenlangen Zeitabschnitt und macht diese eigentlich unsichtbare Szenerie für den Betrachter sichtbar.
Buhnen 03, Westkapelle, Niederlande 2018 Wellenbrecher, Colijnsplaat, Niederlande 2018 Garzweiler, Kraftwerk, Jülich 2018 Rozenhoedkaai, Study 02, Brügge 2018 Zeche Zollverein, Study 01, Essen 2018